Der Mediacampus, auch liebevoll „Hogwarts für Buchhändler und Buchhändlerinnen“ genannt, liegt im Stadtteil Seckbach in Frankfurt am Main. Auf dem ersten Blick ist der Campus klein und etwas verschlafen.
Versteckt, umgeben von Natur und teuren Häusern, mit einer Trauerweide am Eingang wirkt das Gelände wirklich ruhig. Bis man am dritten Abend in Folge nach Mitternacht nach einem lautstarken Billard- oder Kickertunier, mit nicht nur einem Bier ins Bett kriecht.

Jungbuchhändler sind nämlich alles, nur keine Spießer.
Die Dozenten
Natürlich kann man über keinen Unterricht reden, ohne über die Dozenten zu reden. Fast alle Dozenten sind gelernte Buchhändler/innen. Aus Datenschutzgründen können wir keine Namen nennen, allerdings ist es sehr leicht zu erkennen, wer gemeint ist, wenn man den entsprechenden Dozenten kennengelernt hat.
Beispielsweise ein Literaturdozent. Hoffnungslos romantisch und seine größte Liebe ist die Literatur. Den ersten Akt von Lessings Emilia Galotti kann nicht jeder im Alleingang vorspielen. Gerüchteweise springt er auch gerne von Tischen um den „Gottschedschen Fall“ darzustellen. Leider kam mein Kurs aufgrund von Rückenproblemen nicht in den Genuss dieser Darstellung. Stattdessen konnten wir uns über die Eigenheiten starker Schmerztabletten amüsieren.
Ein weiteres Highlight im Lehrkörper war einer der Dozenten für Einkauf. Auf Hessisch hat er uns zielsicher durch Einkauf, Non Books und Kalender geführt. Das Ganze gespickt mit Anekdoten aus seinem Werdegang im Beruf und an der Schule. Am wichtigsten jedoch! Er war immer zu Streichen aufgelegt und vollkommen bereit dazu offen zu sagen, mit welchen Organisationen er ein Problem hat. Für letzteres hat er immer ein hübsch laminiertes Schild mit der Aufschrift „Scheißverein“. Die Streiche haben sich meist gegen die anderen Dozenten gerichtet.
Zuletzt möchte ich über einen Lehrer für Branchengrundlagen reden. Besonders an ihm ist, abgesehen von seiner Liebe für Zahlen und Statistiken, dass er mit dem zuerst genannten Literaturdozenten auf dem Campus in einer WG wohnt. Allein dieser Umstand hat zu diversen Theorien geführt, die sich damit beschäftigt haben, wie die Abende dieser Power-WG wohl aussehen. Unsere Theorie ist, dass der Literaturdozent Gedichte und Dramen zitiert, während der Dozent für Branchengrundlagen neue Zahlen und Statistiken raussucht und anschließend vorträgt.
Die Prüfungen
Den Abschluss für neun Wochen „Bootcamp“ sind zwei Tage in der letzten Woche, in denen alle Prüfungen geschrieben werden – das Ganze soll auf die IHK-Abschlussprüfung vorbereiten.
Wenn man das erste Mal hört: „Ihr schreibt alle Prüfungen innerhalb von zwei Tagen“ klingt das zunächst natürlich gruselig, und es wäre gelogen zu sagen, dass diese zwei Tage nicht mit unter die anstrengendsten Tage während der ganzen neun Wochen wären. Wir wollen ja transparent und ehrlich bleiben. Allerdings sollte man auch ganz groß dazu sagen:
Die Dozenten sind grandios!
Jeder der Dozenten will, dass jeder Schüler und jede Schülerin die Prüfungen besteht. Dafür sorgen sie, indem sie für die Kurse Skripte schreiben, die gefüllt sind mit allem, das abgefragt wird und mehr. Wir erhalten Übungsaufgaben und selbst die Dozenten, die nur wenige Stunden haben – Beispielsweise das Fach „Hörbuch“ – kommen noch einmal und erklären genau, welche Seiten und welche Inhalte wir wissen müssen. Natürlich kommt nicht jeder Schüler/jede Schülerin mit jedem Dozenten und dessen Lehrmethoden klar, aber man sie bemühen sich uns alle Materialien zur Verfügung zu stellen die wir brauchen könnten. Das geht so weit, dass einige Dozenten uns die Prüfungsfragen in leicht abgeänderter Form, mit Lösungen, als Übungsaufgaben zur Verfügung stellen. Sehr zum Leidwesen des zuvor genannten Dozenten für Branchengrundlagen, der ungefähr 30 Mal das Beispiel „Harry Potter“ und „Carlsen“ als Erklärung für die Boolesche Operatoren lesen durfte, weil er das als Beispiellösung angegeben hatte.
Fazit
Ich könnte euch noch tausend Geschichten über die Zeit hier am Mediacampus erzählen – neun Wochen sind schließlich eine ziemlich lange Zeit. So könnte ich euch noch vom Bergfest erzählen oder näheres über die Erlebnisse in Frankfurt. Allerdings haben wir auch eine Zeichenobergrenze, die Respektiert werden soll, also hebe ich mir meine restlichen tausend Geschichten für die nächsten Male auf …
~ Katharina ~